Wenn Menschen über die Zukunft nachdenken, stellen Sie sich das Leben in ebendieser oft fundamental anders vor als ihre eigene Gegenwart. Sie denken an fliegende Autos und Roboter, die alle lästigen Aufgaben erledigen. Bisher hat sich keine dieser Vorstellungen genau so erfüllt. Leider auch nicht die von Hoverboards und sich selbst bindenden Schuhen, aber man soll ja niemals nie sagen.
Unsere Vorfahren wären vermutlich trotzdem nicht enttäuscht, schickte man ihnen einen DeLorean vorbei, um uns zu besuchen. Wir haben zwar keine fliegenden Autos, aber die Postmoderne ist schon beeindruckend.
Wir sterben kaum noch an den Krankheiten, die unsere Großelterngeneration oft genug bedrohte und laufen mit kleinen Hochleistungsrechnern in unseren Hosentaschen herum, die man vor weniger als einem halben Jahrhundert gerade so in einem Raum untergekriegt hätte. Wir sind umgeben von Technologie, die sich für uns wie ein ganz normaler Bestandteil unseres Lebens anfühlt.
Die Liste der Orte, an die wir unser Handy nicht mitnehmen, ist sehr kurz und umfasst meistens nicht einmal das heimische Bad. Wir sitzen in warmen, perfekt ausgeleuchteten Behausungen, ohne uns darum kümmern zu müssen, wie Strom oder Wärme produziert werden. Und wenn wir uns fragen, ob man Auberginen eigentlich aufwärmen darf (ja, wenn sie im Kühlschrank abgekühlt sind – nur mal am Rande) oder was unsere alten Schulfreunde so treiben, liefert uns das Internet die Antworten. Wir haben es uns ziemlich gemütlich gemacht in unserem modernen Leben und nehmen die Technik, die es uns ermöglicht, kaum noch wirklich wahr.
Es sei denn, wir entdecken einen Grund, ihr zu misstrauen.Jede Technik war irgendwann einmal neu und es liegt in der menschlichen Natur, allem was man noch nicht kennt, erst einmal mit Skepsis zu begegnen. Wahrscheinlich hätten wir ohne dieses Ur-Misstrauen als Spezies nicht bis heute überlebt – einen Säbelzahntiger aus der Ferne zu beobachten war vermutlich klüger als der Versuch, ihn zu umarmen.
Aber sie macht uns das Leben manchmal auch unnötig schwer. Besonders skeptisch stehen wir zum Beispiel seit jeher jeder Veränderung medialer Natur gegenüber. Ob Schriftsprache, Bücher, Zeitungen, Filme oder das Internet – alles galt erst einmal als Bedrohung. Auch wenn wir uns heute wahrscheinlich kaum vorstellen können, welche Gefahr von Büchern an sich ausgehen soll, so hatte man früher die Befürchtung, Menschen könnten in eine Sucht verfallen und den Bezug zum echten Leben verlieren. Klingelt da was?
Dasselbe sagen wir heute manchmal über Virtual Reality. Die Schriftsprache stand übrigens mal im Verdacht, uns die Merkfähigkeit abzutrainieren. Man könnte jetzt sagen, dass an dieser Befürchtung vielleicht etwas dran war, aber durchgesetzt hat sich die Schriftsprache trotzdem. Weil sie eben auch wirklich nützlich ist.
Für all diese Ängste gibt es in der Medienwissenschaft einen eigenen Begriff: Medienangst. In der Regel nimmt sie mit zunehmender Etablierung eines neuen Mediums ab. Dafür aber müssen wir uns seines Nutzens bewusst werden und Vertrauen zu ihm aufbauen.Vertrauen - da ist es wieder, dieses altmodische Buzzword, das niemals aus der Mode kommen wird. Ich könnte jetzt in Floskeln wie „Vertrauen muss man sich verdienen“ verfallen, aber sind wir mal ehrlich: Das wissen wir alle. Wir vergessen manchmal allerdings, wie das geht. Vor allem in der Kommunikation.
Die t3n hat kürzlich ein interessantes Interview mit Vertrauensforscherin Rachel Botsman dazu geführt, warum Facebook und Tech-Konzerne zunehmend mit mangelndem Vertrauen der Öffentlichkeit zu kämpfen haben. Ihrer Einschätzung nach liegt das Problem darin, dass Facebook zum Beispiel in der Kommunikation Dinge verspricht, die nicht nur nicht eingehalten werden, sondern auch nicht glaubwürdig sind. Damit spricht sie ein zentrales Problem an, mit dem nicht nur Tech-Unternehmen zu kämpfen haben.
Kommunikation ist ein Werkzeug, mit dem Vertrauen aufgebaut wird. Allerdings funktioniert es nur dann, wenn Ehrlichkeit die Grundlage ist. Wenn ein kapitalistisches Unternehmen wie Facebook, das bekanntermaßen Geld mit den Daten seiner Nutzer verdient, behauptet, Datenschutz sei ihm besonders wichtig, ist das problematisch.
Kommunikation sollte nur transportieren, was sie auch beweisen kann. Im Fall Facebook mangelt es an solchen Beweisen. Ähnlich sieht es auch in anderen Bereichen aus, zum Beispiel bei Unternehmen, die Lösungen zum autonomen Fahren entwickeln. Solange es keine Studien gibt, die belegen, dass autonomes Fahren nicht gefährlich sondern nützlich ist, werden Menschen der Entwicklung skeptisch gegenüberstehen.
Jedes Unternehmen muss Vertrauen aufbauen, indem es Belege für das liefert, was es behauptet. Umso wichtiger ist dieser Vertrauensaufbau dort, wo das Gut, welches das Unternehmen produziert, selbst noch kein Vertrauen genießt.
Unternehmen, die Techniken und Dienstleistungen der Zukunft entwickeln, müssen in besonderem Maße beweisen, dass ihre Entwicklungen nützlich und vor allem ungefährlich sind. Menschen haben Schwierigkeiten, sich Zukunftstechnologien richtig vorzustellen, weil ihnen dazu häufig einfach das Wissen fehlt. Wer von uns ist in seiner Freizeit schon ein Experte für Robotik, Online-Datenschutz oder Elektromobilität?
Unsere Wahrnehmung von Innovationen beruht also erst einmal auf Vorurteilen. Wie bei der Medienangst empfinden wir sie schnell als bedrohlich, wenn sie das Potenzial bergen, Machtverhältnisse zu verschieben (etwa vom Mensch zur Maschine) oder unser Alltagsleben fundamental zu verändern. Wir leben im Hier und Jetzt. In die Zukunft muss man uns abholen und dazu im ersten Schritt unseren Bedenken begegnen.
Ängste ernst zu nehmen, bekannte Bedenken selbst anzusprechen und zuzugeben, wenn es noch keine Antworten auf brennende Fragen gibt – das macht gute, vertrauensfördernde Unternehmenskommunikation aus. Gute Kommunikation baut Stories auf proof points auf, nicht auf Wunschdenken.Wer Befürchtungen zerschlagen will, muss den Menschen die Gelegenheit geben, eine Innovation oder ein Unternehmen wirklich kennen zu lernen. Dazu gehört es auch, Zweifel auszuhalten und sie nicht ohne jeden Beweis abzutun. Vertrauen ist ein fragiles Gut, das schnell zerbricht, wenn Behauptungen Argumenten überwiegen. Bei der Wahrheit zu bleiben ist schließlich das, was PR am Ende von Propaganda unterscheidet.