26.4.2023
Blog

Warum es Frauen beim Positioning nicht leicht(er) haben

  • Erfahrung zeigt größeres mediales Interesse an Frauen
  • "Frauenfaktor" erschwert jedoch fachliche Positionierung
  • Positionierung muss Geschlechterunterschiede berücksichtigen
von
Karin Gesswein
Lesedauer: 3 Minuten
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Zu der Frage, ob Frauen es im CEO-Positioning leichter haben, gibt es verschiedene Sichtweisen – wie ich aus dem Austausch und eigenen Erfahrungen der letzten Jahre weiß. Fangen wir mit der positiven Seite an: Kommunikator:innen, die eine weibliche Führungskraft positionieren, machen häufig die Erfahrung, dass ihre Chefin tatsächlich schneller auf mediales Interesse stößt. Denn leider ist es immer noch so, dass Frauen in Führungspositionen bei größeren Unternehmen eine „Rarität“ sind – also besonders interessant.

Höhere Aufmerksamkeit, anderes Fragenset

Da auch in einigen Redaktionen die Vorgabe gilt, dass es eine Ausgewogenheit bei Interviewpartner:innen geben soll, scheint dies also tatsächlich zu einem „Quotenvorteil“ zu führen. Zudem gibt es Formate, die speziell auf Frauen in Führungspositionen zugeschnitten sind. Ungerecht? Schauen wir doch zunächst auf die Kehrseite der Medaille.

Da Frauen in Top-Positionen Seltenheitswert haben, beinhalten Interviews mit ihnen fast immer einen festen Themenblock: Wie bekommen Sie Kind und Karriere unter einen Hut? Ist Ihr Partner stolz auf Sie? Wie haben Sie sich im Unternehmen durchgesetzt? Aktuellstes Beispiel dafür ist der gerade gestartete ZEIT Online Podcast „Was Chefinnen wirklich denken“: In der ersten Folge fragte das Moderatoren-Duo Janina Kugler mehrfach, ob sie nicht doch bereut, weniger Zeit für ihre Kinder gehabt zu haben. Die beiden männlichen Gesprächspartner bekamen keine Frage zu diesem Themenbereich.

Die Gefahr: Die Kernthemen der weiblichen CEOs rücken in den Hintergrund. Bei der Positionierungsarbeit für Frauen ist es deshalb wichtig, dass der „Frauen & Karriere“-Aspekt nicht überhandnimmt – es sei denn, er steht in Verbindung zu den gewählten Positionierungsthemen.

Stellen Journalistinnen kritischere Fragen?

Doch das ist nicht die einzige Herausforderung. Eine weitere Beobachtung von Kommunikator:innen ist, dass manche Journalistinnen weibliche Führungskräfte teils kritischer beäugen. So verpackte eine Autorin eines Wirtschaftsmagazins eine Spitze gegenüber ihrer Interviewpartnerin in der Feststellung, dass sie gar kein Foto ihres Sohnes auf dem Schreibtisch stehen habe. Anscheinend ein Zeichen für mangelnde Fürsorge? Weiteres Indiz: Im letzten Bundestagswahlkampf fragte ARD-Moderatorin Tina Hassel Annalena Baerbock, wie sie es eigentlich ihren Kindern erklären würde, „wenn durch die vermeidbaren Fehler ihrer Mutter“ entscheidende Weichenstellungen für den Klimaschutz in der Regierung versäumt würden? Armin Laschets Schlussfrage in der Interviewreihe war hingegen, wo er das EM-Finale schauen würde.

Fokus richtig setzen

Für Kommunikator:innen heißt das, dass sie die eigene CEO in jedem Fall auf spezielle „Frauen-Fragensets“ vorbereiten sollten – auch wenn Interviews zu ganz anderen Themen vereinbart sind. Strategisch sollte auch im Positionierungskonzept bereits festgelegt werden, welchen Raum das Thema in der Kommunikation der Führungskraft einnehmen darf.

Und was bedeutet das für die Ausgangsfrage? Tatsächlich scheinen Frauen momentan noch einen Aufmerksamkeitsvorteil zu besitzen. Allerdings stehen sie beim Herausbilden eines fachlichen Profils gerade am Anfang größeren Herausforderungen gegenüber. Dann gilt es, auch einmal Nein zu sagen, wenn der Fokus einer Medien- oder Speakerinnenanfrage nicht zum gewünschten Soll-Profil passt. Oder dann, wenn die Interviewenden in Richtung „Frauen-Fragenset“ abdriften. Ein Tipp, der hier schon geholfen haben soll: Fragen Sie die Journalist:innen doch mal, ob sie die Frage auch einem männlichen Kollegen gestellt hätten.

verfasst von:
Karin Gesswein
Geschäftsführerin
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k.gesswein@vomhoff.de