Wasser für die Elefanten
- SPD gewinnt Bundestagswahl 2021 knapp
- „Elefantenrunde“ gibt Ton für Sondierungsgespräche vor
- Kommunikativ gab es nur wenige Höhepunkte
Elefanten sind majestätische Tiere. In vielen Kulturen symbolisieren sie Weisheit und Souveränität – auch, weil ihnen scheinbar nichts auf dieser Welt etwas anhaben kann. Seelenruhig trotten sie über Stock und Stein. Immer mit einem klaren Ziel vor Augen: die nächste Wasserstelle.
Die Schwergewichte der deutschen Politik hatten gestern etwas vollkommen anderes vor. Sie tummelten sich am Wahlabend in der Berliner Manege. Höhepunkt der Show: die „Elefantenrunde“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.
Der rhetorische Schlagabtausch zwischen den Spitzenkandidat:innen ist Tradition am Wahlabend. Er findet nach der Veröffentlichung der ersten Hochrechnungen statt. Es ist der Zeitpunkt, an dem das sonst so abgebrühte Parteipersonal emotional am verwundbarsten ist. Kein Wunder: Schließlich treffen die Gewinner:innen und Verlierer:innen der Wahl direkt aufeinander. Das verspricht Zündstoff.
Unvergessen bleibt der Auftritt von Gerhard Schröder im Jahr 2005. Der frisch abgewählte SPD-Kanzler wollte seine hauchdünne Niederlage nicht anerkennen. Vielmehr unterstrich er seinen Machtanspruch immer wieder aufs Neue. „Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel bei dieser Sachlage einginge, in dem sie sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden?", polterte Schröder vor Millionen vor Zuschauer:innen zur besten Sendezeit.
Am Ende musste der „Genosse der Bosse“ einlenken. Die SPD schloss sich als Juniorpartnerin der ersten Große Koalition von Angela Merkel an. Der Auftritt Schröders hat dennoch seinen Platz in den Geschichtsbüchern. Er gehört mittlerweile zum Wahlabend wie „Dinner for One“ zu Silvester.
Auch gestern war der Tisch für eine denkwürdige „Elefantenrunde“ bestellt. Schließlich lieferten sich SPD und CDU/CSU in den ersten Hochrechnungen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Doch das Fazit der 60-minütigen Auseinandersetzung fiel eher mau aus. Die beiden Moderatoren der "Elefantenrunde" setzten eher auf ein ödes Frage-Antwort-Spiel. Die direkte Konfrontation blieb aus. Vielmehr beteten die Kandidat:innen einmal mehr ihre Wahlprogramme runter – träge und ohne Esprit.
Einzig der Vorschlag von Christian Linder, zunächst mit den Grünen sondieren zu wollen, um dann in Gespräche mit den beiden Volksparteien einzusteigen, überraschte etwas. Am Ende verdiente sich die „Elefantenrunde“ 2021 jedoch nur die Überschrift: „Viel Lärm um nichts.“
Immerhin konnten sich die Parteien darauf einigen, dass sich das Sondierungsdebakel von 2017 nicht wiederholen darf. Bilder von winkenden Personen auf Berliner Balkonen wird es also aller Voraussicht nach nicht erneut geben. Vielleicht schaffen es die politischen Schwergewichte stattdessen ja zur Abwechslung einmal, die Bevölkerung kommunikativ mit auf die Reise zu nehmen. Denn die Verhandlungen vor vier Jahren haben gezeigt: Der Weg zur nächsten Wasserstelle namens Bundesregierung kann lang und zäh werden.