13.5.2020
Blog

Wie Journalistenreisen auch in Corona-Zeiten funktionieren

von
Jennifer Starke (in Elternzeit)
Lesedauer: 5 Minuten
SCROLL

Sie sind selten. Im Strauß der Medienarbeit, zwischen Pressemitteilungen, Interviewangeboten, Pressekonferenzen und Pressegesprächen sind Journalistenreisen zugegebenermaßen die exotischste Pflanze. Sind sie doch mit viel Aufwand und teils hohen Kosten auf Seiten des Unternehmens verbunden und passen nur schwer in den stressigen Redaktionsalltag. Zudem haftet ihnen oft ein Geschmäckle an. Ist es in Ordnung, Journalisten zu einer Reise einzuladen oder ist das schon Bestechung?

Selbstverständlich darf man bei einer Journalistenreise nicht voraussetzen, dass alle Teilnehmer auch im Nachgang berichten. Und es ist unprofessionell zu glauben, die wohlwollende Einladung zu einer Reise hielte Journalisten von kritischen Rückfragen ab. Dennoch können sich die aufwendigen Trips lohnen. Denn viele Dinge werden für die Berichterstatter viel anschaulicher, wenn sie sie vor Ort erleben und erklärt bekommen. Journalisten bekommen zudem besseres Foto- und Videomaterial, wenn sie zum Beispiel verschiedene Produktions- und Verarbeitungsstätten, ausländische Standorte oder renaturierte und entwickelte Flächen statt Büros und Firmenzentralen besuchen können.

Unser Kunde MIPS wollte im April deutsche Fachjournalisten zum Hauptsitz nach Schweden einladen, um sein Hirnschutzsystem für Sicherheitshelme vorzustellen, sein Testlabor zu öffnen sowie Netzwerkmöglichkeiten anzubieten. Doch das Coronavirus hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dennoch hielten die Schweden an dem Plan fest. Statt eines persönlichen Treffens in der Nähe von Stockholm boten sie den Journalisten eine digitale Reise in ihre Firmenzentrale an. Dazu wurde das Programm gestrafft. Wo vorher gemeinsame Mahlzeiten, ein Impulsvortrag und ein Rundgang durch das Labor auf der Agenda standen, gab es nun nur noch zwei Stationen: Zunächst stellte ein Unternehmensvertreter per Video-Livestream das Unternehmen vor. Die dazugehörige Präsentation teilte er auf den Bildschirmen der eingewählten Journalisten. Danach folgte die Laptop-Kamera einem weiteren Unternehmensvertreter durch das Testlabor und beobachtete live durchgeführte Helmtests und Ergebnisauswertungen. Zwischendurch gab es Gelegenheit für Fragen.

Besondere Herausforderung: Die Experten von MIPS sprechen kein Deutsch. Deshalb wählten sich zwei unserer Beraterinnen mit ein, um bei Bedarf übersetzen zu können. Nach rund eineinhalb kurzweiligen Stunden war der digitale Trip beendet: deutlich effizienter, zeit- und kostensparender als jede „reale” Journalistenreise es hätte sein können. Gelohnt hat sich die virtuelle Variante: Auch wenn eine persönliche Tour durch die Unternehmenszentrale in Schweden bestimmt noch spannender gewesen wäre, war das Feedback der Journalisten durchweg positiv. Viele meldeten sich im Nachgang noch einmal persönlich, um sich für die Einblicke und das innovative Format zu bedanken. Berichten werden vermutlich ebenfalls viele von ihnen.

Die digitale Pressereise war also eine gelungene Investition. Folgende Learnings nehmen wir mit:

  1. Wählen Sie einen stabilen Videokonferenz-Anbieter wie beispielsweise Zoom, GoToMeeting oder WebEx und stellen Sie sicher, dass Ihre Internetverbindung in allen Räumen, die Sie betreten wollen, ausreichend ist.
  2. Nutzen Sie externe Mikrofone für die Sprecher. Damit erreichen Sie eine deutlich bessere Tonqualität.
  3. Machen Sie eine Aufnahme der Videokonferenz und stellen sie sie den teilnehmenden Journalisten im Anschluss zur Verfügung. So können sie komplexe Inhalte nochmals nachhören und brauchen nicht so viel mitzuschreiben.
  4. Geben Sie den Journalisten im Nachgang die Möglichkeit, Fragen zu stellen, zum Beispiel per E-Mail oder Telefon. Während der Video-Konferenz zögern Journalisten oft, Fragen zu stellen, da sie den konkurrierenden Kollegen nicht preisgeben wollen, an welchen Aspekten sie interessiert sind. Sie können auch Exklusivinterviews im Nachgang anbieten.
  5. Stellen Sie den Journalisten nach dem Livestream Fotos und ggf. weiteres Material zur Verfügung.
  6. Machen Sie einen Testlauf. Dabei können Sie zum Beispiel ausprobieren, wie Sie den Laptop ausrichten müssen, wenn Sie nur mit der eingebauten Kamera verschiedene Unternehmensbereiche zeigen möchten. Oder wo Sie gegebenenfalls mehr Licht anmachen müssen, damit Ihre Sprecher und Produkte gut zu sehen sind.

Mein Fazit: Ich kann Sie alle nur zu diesem Format ermutigen. Zögern Sie nicht lange und nutzen Sie die digitalen Möglichkeiten, um mit Journalisten in Kontakt zu bleiben und Einblicke in Ihr Unternehmen zu geben. Egal ob virtuelle Journalistenreisen, virtuelle Pressekonferenzen oder virtuelle Hintergrundgespräche  ̶  Sie bieten gerade jetzt eine gelungene Abwechslung zur Homeoffice-Tristesse und eingeschränkten Recherchemöglichkeiten für Medienmacher. Und Spaß

verfasst von:
Jennifer Starke (in Elternzeit)
Senior-Beraterin