5.10.2016
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Big Data – Buzzword oder Gamechanger für die Kommunikation?

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Lesedauer: 5 Minuten
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Wieso es in der Kommunikation auf mehr als viele Daten ankommt

Der Begriff Big Data wird nahezu inflationär überall dort verwendet, wo von Digitalem in Zusammenhang mit großen Begriffen wie „Revolution“ gesprochen wird. Da heißt es dann, dass Big Data Unternehmen vollständig verändern werden und auch Marketing und Kommunikation von den Veränderungen, die große Datenmengen mit sich bringen, erschüttert werden. Was aber genau mit Big Data gemeint ist und wozu man einen solchen Datenhaufen eigentlich benutzen soll, bleibt dabei oft im Unklaren.

Grundsätzlich meint der Begriff Big Data erst einmal nichts anderes als eine Menge von Daten jeglicher Art, die so groß ist, dass sie mit gängigen Analyseverfahren und technischen Möglichkeiten nicht untersucht und nutzbar gemacht werden kann. Damit sagt der Begriff allein noch nichts über die Qualität der Daten oder ihr Potenzial aus. Eine große Menge an Daten bietet eine große Menge an Möglichkeiten. Je mehr Daten zum Beispiel über Kunden gewonnen werden, desto mehr weiß man am Ende auch darüber, wer die Kunden eigentlich sind, was sie wollen und wie man ihre Bedürfnisse befriedigt.

Allerdings müssen dazu die richtigen Daten vorhanden sein. Allein die Kontakt- und Zahlungsdaten einer Person machen noch lange keine Persona. Wertvolle Daten werden deshalb vor allem in sozialen Netzwerken oder Suchmaschinen generiert. Unternehmen wie Google oder Facebook verfügen über den Schlüssel zum Wissen, wie ein Großteil der Internetnutzer denkt. Lassen sich solche Daten trotz ihrer enormen Menge aggregieren und analysieren, haben sie das Potenzial, auch für die Kommunikation ein echter Gamechanger zu werden.

Ein Beispiel hierfür ist das im US-Amerikanischen Wahlkampf übliche sogenannte „Micro-Targeting“, bei dem die Wähler nicht in grobe, sondern in sehr weit ausdifferenzierte Kategorien eingeteilt werden. So adressiert eine Kampagne in den USA, wenn etwa Abtreibung thematisiert wird, nicht einfach alle weiblichen Wähler,  sondern beispielsweise junge Frauen mit Collegeabschluss, die Abtreibung befürworten und gerne Radio hören. Indem eine Zielgruppe derart eng gefasst wird, ist es für die Wahlkämpfer einfacher, einer Zielgruppe genau das zu sagen, was sie hören will. Und das über genau den Kanal, den sie bevorzugt.

Damit können Zustimmung und letztendlich auch Wählerstimmen  schneller generiert werden.Allerdings ist in Deutschland, wo für den Handel mit Daten aufgrund des Datenschutzes sehr viel strengere Regeln gelten als in den USA, ein solches Vorgehen so gut wie unmöglich. Außer über eine Vielzahl von Umfragen lässt sich kein so genaues Wählerprofil erstellen – und Umfragen sind nicht nur aufwendiger, sondern auch teurer als die Nutzung aufbereiteter Datensätze.Big Data ist also nur dort interessant, wo tatsächlich auch eine große Menge Daten entsteht. Für die Industrie wird das Thema vor allem dort wichtig, wo sich Ansätze der Industrie 4.0 entwickeln: Hier sind Daten der Nährboden für das Entstehen intelligenter Strukturen, die Unternehmen von Grund auf verändern könnten.

Für die Kommunikation aber bleibt Big Data fürs Erste vor allem eins: Ein schwammiger Begriff und Hype, der nicht nur zu weit gefasst, sondern auch aus ethischer Perspektive noch immer diskussionswürdig ist. Dennoch ist zu erwarten, dass Big Data an Wichtigkeit gewinnen wird.Laut dem European Communication Monitor 2016 sind 72,3 % der international befragten Kommunikationsprofis aus der PR der Meinung, dass Big Data ihre Profession nachhaltig verändern wird. Gleichzeitig wissen 17% der Befragten, welche die Diskussion um Big Data laut eigener Aussage aufmerksam verfolgen, nur sehr wenig darüber, was genau Big Data eigentlich sein soll.

Am Ende ist Big Data deshalb eher Buzzword als Gamechanger – jedenfalls solange keine Einigkeit darüber herrscht, was genau mit dem Begriff gemeint sein soll und wie große Datenmengen genutzt werden können. Eins jedoch verdeutlicht die Big Data-Diskussion: Es wird immer wichtiger, die eigene Zielgruppe und relevante Stakeholder gut zu kennen. Wer sich gegen die Konkurrenz durchsetzen will, muss wissen, was seine Zielgruppe beschäftigt, was die Stakeholder erwarten und wie beide Gruppen ticken.

Ein Stakeholder-Mapping ist deshalb noch immer eine wichtige Grundlage für gezieltes und erfolgreiches Stakeholder-Management.Die Hauptaufgabe guter Stakeholder-Kommunikation ist deshalb nicht etwa die Nutzung bestehender Zahlen, Daten und Fakten, sondern das gute alte Zuhören. So verrät Medienberichterstattung noch heute viel über das gesellschaftliche Meinungsklima.

Ebenso helfen das persönliche Gespräch oder eine gezielte Umfrage herauszufinden, wo man als Unternehmen steht und welche Form der Kommunikation über welche Themen benötigt wird. Auch in den Social Media lässt sich beobachten, was Stakeholder und Zielgruppen bewegt, welche Themen eher diskursiv sind und über welche Konsens herrscht. Wer ein guter Kommunikator sein will, muss deshalb zu allererst eins sein: ein guter Beobachter.

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