10.6.2020
Blog

Hysterie, Skandalisierung, Medienhype – Was macht der ständige Alarmismus mit uns?

von
Kai vom Hoff
Lesedauer: 5 Minuten
SCROLL

Geht’s Ihnen auch so? Nahezu täglich werden wir mit Neuigkeiten konfrontiert, die allesamt unser Leben unkalkulierbarer und damit risikoreicher machen. Neu ist das jetzt nicht, sagen Sie? Stimmt! Aber die Dynamik, die Intensität und die Frequenz von Veränderungen haben massiv zugenommen.

Fühlen wir nur eine vermehrte Unsicherheit, oder ist sie real? Leben wir zunehmend in einer Bedrohungslage, die uns vorgaukeln will, dass unser Leben eine bislang nicht erlebte Dimension von Gefahr und Risiko mit sich bringt? Von Mark Twain stammt das Zitat „Ich habe in meinem Leben schon unzählige Katastrophen durchlebt – die wenigsten davon sind eingetreten.“ Da halt ich’s lieber mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der in seiner Osteransprache sagte: „Vielleicht haben wir zu lange geglaubt, dass wir unverwundbar sind, dass es immer nur schneller, höher, weiter geht. Das war ein Irrtum.“

Zunächst: Die Einsicht, irren zu können, ist in meinen Augen ein Ausdruck menschlicher und politischer Größe. Dennoch sind Irrtümer in erster Linie dazu da, korrigiert zu werden. Als erstes sollten wir überprüfen, welche Vorstellung wir haben, von dem was ist und wie wir es empfinden. Und zu empfinden gibt es reichlich.

Beispiel: Die ständige Erwähnung, wir stünden gegenwärtig vor der „größten Bedrohung seit Ende des Zweiten Weltkrieges“, verstärkt zumindest bei mir das diffuse Gefühl, alles würde auseinanderbrechen. Mehr noch: Uns stehe eine höchst fragile und wenig hoffnungsvolle Zukunft bevor. Planung und Sicherheit scheinen passé zu sein. Ein großes Dilemma, denn wir alle sehnen uns doch nach Strukturen und Verlässlichkeiten, die uns inneren Halt und Stabilität geben.

Doch genau diese stabilisierenden Faktoren scheinen perdu: Wann gibt es einen Corona-Impfstoff? Wie wirkt sich die Klimaveränderung aus? Wann wird sich unsere Wirtschaft erholen? Hinzu kommen Sorgen vor neuem Nationalismus, politischen Imponderabilien, vor Rassismus – all dies wirft neue Fragen auf, auf die wir händeringend nach Antworten suchen, aber derzeit keine finden.

Wie also damit umgehen? „Übe dich in Geduld“? Tja, Geduld ist bekanntlich nicht jedermanns Sache, hilft nicht immer und wird oft als tatenloses Hinnehmen gewertet.

Also doch lieber aktiv werden? Nun ist es sicher eine gute Sache, auf die Straße zu gehen und gegen Missstände zu demonstrieren. Aber das Demonstrieren macht aufmerksam auf Probleme, es löst jedoch meist wenige. Um Missverständnissen vorzubeugen: Jedem, der sich für eine Sache legitim engagiert, zolle ich höchsten Respekt. Effektiver wäre es jedoch, demokratische Wege zu nutzen und einfach wählen zu gehen, um seinem Ansinnen Gehör und Stimme zu verschaffen. Die letzte Bundestagswahl hatte eine Wahlbeteiligung von 76 Prozent; die Landtagswahlen liegen in der Regel etwas über 50 Prozent – da ist noch Luft nach oben.

Wie wir die Welt wahrnehmen, hängt ganz wesentlich von den Medien ab. Medien schaffen Wirklichkeiten, oder zumindest den Kontext, wie wir Informationen deuten und bewerten. Medien geben Themen in aller Regel vor, die eher Besorgnis in uns auslösen. Die Folge: Unser Blick auf die Welt ist zunehmend skeptisch. Und die immer schneller werdende Taktung überfordert uns. Um das Steuer wieder fest in der Hand zu nehmen und sich vom allgemeinen (wettbewerbsgetriebenen) Medienspektakel nicht kirre machen zu lassen, fallen mir vier Handlungsfelder ein:

Die Wiederentdeckung der Gemeinschaft

Vom einzelnen zum gemeinsamen. Es braucht wieder ein Mehr an „Wir“ und weniger das „Ich“. Nur in einer Gemeinschaft sind wir in der Lage, Lösungen zu formulieren und sie auch gemeinsam umzusetzen. Dazu brauchen wir eine Vorstellung, die uns eint, eine Idee, von der wir überzeugt sind, für die wir brennen und für die wir bereit sind, Kraft aufzuwenden.

(Grund-)Vertrauen ins Gelingen

Optimismus, Beharrlichkeit, Glaube – klingt alles sehr pathetisch. Aber haben Sie schon mal echten Erfolg gehabt ohne festen Glauben, ohne Überzeugung und tief empfundene Zuversicht. Ich nicht! Vielleicht sollten wir uns mehr zutrauen und unserem Land wieder Zuversicht in homöopathischen Dosen verabreichen. Das wirkt auch gegen falsche Versprechungen – von welchem politischen Rand auch immer.

Neues ausprobieren, Veränderungen zulassen

Ich bin überzeugt: Gerade jetzt haben wir eine historische Chance, Altes ad acta zu legen und Neues zu wagen. Dazu braucht es Souveränität, Weltoffenheit und Mut: Was können wir besser machen? Was wirkt nachhaltig? Wohin müssen wir steuern, um aus der Dystopie eine Zukunftsperspektive zu machen? Ein Beispiel: Forschung und Entwicklung sollten uns wieder mehr wert sein: etwa durch steuerliche Forschungsförderung. Es gibt derzeit nämlich vieles zu erfinden: Antriebstechnologien, Ressourcenschonende Produktion, Energiewende, Mobilität, Urbanität, Gesundheitswesen. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Zutrauen in die politische und wirtschaftliche Führung

Krisen brauchen eine starke Führung. Krisenzeiten sind auch immer Zeiten, in denen der Ruf nach starker Führung laut wird. Das war bei Helmut Schmidt so. Das ist heute noch so. Wir sollten denen etwas zutrauen, die die Sache in unserem Sinne richten sollen. Nicht bedingungslos, sondern kritisch wohlwollend. Kein Politiker, kein Spitzenmanager ist dauerhaft erfolgreich, weil er allein dem Prinzip der Fehlervermeidung folgt! Im Gegenteil: „Traut euch was!“ Möchte man der Elite zurufen. Wer bereit ist, Fehler zu machen, traut sich etwas. Na ja, möglichst wenig Fehler sollten’s schon sein. Und dann daraus lernen und es besser machen. So entsteht Entwicklung, Fortschritt und Zukunft.

Fazit: Die tägliche (Medien-)Sau wird auch weiter durchs globale Dorf getrieben! Stehen wir souverän dabei und winken ihr zu während wir uns um die tatsächlich wichtigen Dinge des Lebens kümmern!


verfasst von:
Kai vom Hoff
Geschäftsführender Gesellschafter
+49 (0) 211 515805 – 11
k.vomhoff@vomhoff.de