Der ‚war for talents‘ bedroht deutsche Unternehmen immer stärker. Ob Start-up, Stadtwerk oder Konzern: Unternehmen befürchten, dass sie für ihre offenen Stellen nicht genügend Fachkräfte finden. Studien belegen, dass dies für die deutsche Wirtschaft insgesamt zu einem Risiko werden kann. Klar ist: Gut qualifizierte Mitarbeiter sind Mangelware. Im anhaltenden deutschen Daueraufschwung hat sich ein Trend der letzten Jahre verstärkt: Heute bewerben sich Unternehmen um Kandidaten, die einen Job suchen. Die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber ist für Unternehmen, die Fachkräfte suchen, daher unabdingbar. Sie müssen sich auch in diesem Wettbewerb zeigen, Strategien entwickeln und mit den richtigen Maßnahmen punkten. Denn: Alle wollen die begehrten Fachkräfte haben. Es geht schließlich darum, das eigene Unternehmen zukunftsfest zu machen. Das gelingt nur, wenn in Zukunft, also in Innovationen, investiert wird. Doch dafür fehlen oft die Experten. Ein kreatives Employer Branding aus einem Guss kann einen Ausweg aus diesem Dilemma weisen.
Einen Termin beim Handwerker zu bekommen? Momentan Glückssache. Als Start-up-Unternehmen IT-Fachkräfte zu rekrutieren? Aktuell für drei von vier Start-ups schwierig, so der Deutsche Start-up-Monitor. Den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland halten? Könnte künftig schwierig werden, so die Herbstprognose der Bundesregierung. Denn – und das eint alle Meldungen der letzten Wochen - der Fachkräftemangel könnte bald zu einem bedeutenden Risiko für die deutsche Wirtschaft werden, so der Bundeswirtschaftsminister.
Dazu passen Ergebnisse diverser Studien, die aktuell die Öffentlichkeit geradezu fluten. So stellt die KfW in ihrer Studie der Reihe „Fokus Volkswirtschaft“ („Viele Stellen, wenig Bewerber“) fest: Zwei Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen, die in den nächsten drei Jahren Fachkräfte einstellen wollen, rechnen mit Problemen bei der Stellenbesetzung.Und das Family Business Barometer der Beratungsgesellschaft KPMG sieht den Fachkräftemangel bei den deutschen Familienunternehmen als größte Herausforderung. Und auch eine Studie des internationalen Personalberatungsunternehmens Korn Ferry prognostiziert Unternehmen weltweit Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe, falls Unternehmen den Fachkräftemangel nicht in den Griff bekommen.
Natürlich ist diese Entwicklung nicht neu. Aber das Problem wird dringlicher. Viele Unternehmen und auch die Politik haben bereits versucht, mit Maßnahmen wie den Ausbau von Kitas, Ganztagsschulen und Weiterbildung Abhilfe zu schaffen. Das hat sicher positive Effekte erzielt, denn inzwischen arbeiten mehr Frauen und mehr Ältere. Aber der Bedarf an Fachkräften ist in diesen konjunkturell guten Zeiten weitaus höher, vor allem, wenn die man bedenkt, dass die geburtenstarken Jahrgänge in Kürze in großen Teilen in Rente gehen. Das Problem bleibt also.Fachkräfte können nicht einfach gebacken werden, klar. Der Fachkräftemangel ist und bleibt Fakt.
Darauf haben sich auch viele Unternehmen schon eingestellt und versuchen, die begehrten Experten mit zusätzlichen ‚benefits‘ zum Gehalt zu locken und an ihr Unternehmen zu binden. Fitnessstudios im Unternehmen, Restaurantbesuche für Mitarbeiter oder der Kicker im Pausenraum sind einige Beispiele dafür.Viele Arbeitnehmer wollen aber nicht nur einen Job mit gutem Gehalt und ausgeglichener Work-Life-Balance, sondern verlangen auch Flexibilität und eine sinnstiftende Tätigkeit. Das versuchen die Unternehmen zu bieten, aber das muss der Arbeitsalltag auch halten, Mogelpackungen sprechen sich schnell herum.
Egal, was Unternehmen tun, um Mitarbeiter zu binden oder zu gewinnen: Sie müssen sich künftig verstärkt von anderen Unternehmen abheben und als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Employer Branding ist das Gebot der Stunde. Doch die eigenen Stärken als Unternehmen herauszustellen und zielgruppenspezifisch darzustellen, gelingt nicht im Handumdrehen.Das ist ein langer Prozess, der strategisch geplant werden muss und genügend Zeit und Ressourcen im Unternehmen benötigt. Externe Unterstützung von Experten sollte dabei immer in Erwägung gezogen werden.Denn zunächst einmal muss die Employer Value Proposition (EVP) erarbeitet werden: Wofür steht das Unternehmen als Arbeitgeber, welche Werte stehen im Mittelpunkt und was ist das zentrale Versprechen an Mitarbeiter. Das ist wichtiger Schritt, um an ein glaubwürdiges Profil als Arbeitgeber zu gelangen. Denn hier ist Authentizität gefragt:Nur wer sich ehrlich damit auseinandersetzt, kann auch im Alltag bestehen. Hier geht es nicht darum, Klischees aufzubauen und etwas zu versprechen, was nicht haltbar ist. Eigene Stärken, Ecken und Kanten herauszustellen, ist das Fundament für alle weiteren Maßnahmen.
Klug ist es, die eigenen Mitarbeiter durch Workshops oder Befragungen in diesen Prozess einzubinden. Sie früh in die Umsetzung von Maßnahmen einzubeziehen und sogar als Botschafter der Arbeitgebermarke zu gewinnen, ist nach innen wie nach außen hilfreich. Effizienz ist dann bei Maßnahmen, die auf die relevanten Zielgruppen zugeschnitten sein sollten, das Zauberwort.Angesichts teilweise geringer Budgets in diesem Bereich geht es auch darum, „quick wins“ mit geringem Aufwand zu erreichen. Optimierungen der Karriereseite, Video-Testimonials und kreative Stellenanzeigen sind generell erste, rasch umzusetzende Schritte. Und natürlich auf digitale Kommunikation mit Hilfe von Twitter, Facebook, Mobile Tagging und Mobile Apps setzen.
All das muss selbstverständlich an die jeweilige Situation des Unternehmens angepasst werden, da gibt es keine Patentrezepte. Was allerdings wichtig ist: Originelle Lösungen, die sich vom Wettbewerb abheben, zünden – sowohl bei Mitarbeitern, bei Bewerbern und auch in der Öffentlichkeit.Strategie, Planung, Umsetzung und Evaluation – das alles geht nicht auf die Schnelle. Aber es ist extrem wichtig für Unternehmen, sich als attraktiver Arbeitgeber deutlich zu positionieren. Denn „war for talents“ klingt nicht nur reißerisch. Er wird für Unternehmen künftig immer unerbittlicher.