Die Medienlandschaft in Deutschland ist vielfältig und bietet für jedes Informationsbedürfnis eine Nische – jedenfalls, solange Mediennutzer die Inhalte für glaubwürdig halten. Viele Unternehmen fragen sich heute, wie viel Sinn klassische Pressearbeit heute eigentlich noch bringt, wenn klassische Medien weniger genutzt und häufiger hinterfragt werden. Damit haben sie nicht ganz unrecht, denn die Art, auf die Deutsche Medien nutzen und beurteilen hat sich verändert – und das nicht nur wegen neuer Onlineangebote.
Eine Infratest dimap Erhebung im Auftrag des WDR zeigt jetzt allerdings: So schlecht stehen die „klassischen“ Medien nicht da – insofern man sie nach so vielen Jahren Onlinemedien überhaupt noch so nennen kann. Die Befragten informieren sich demnach häufiger im öffentlich-rechtlichen Radio, öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Tageszeitungen über politische Geschehnisse als in den Online-Angeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkstationen und Zeitungen oder im privaten Fernsehen.
In Sachen Glaubwürdigkeit ist zwar nicht alles rosig in Mediendeutschland, denn das Gesamtvertrauen in Medien ist auch 2019 rückläufig. Es liegt aber immer noch bei soliden 61 Prozent. Dabei schätzen 90 Prozent der Befragten die Qualität deutscher Medien insgesamt als gut oder sehr gut ein. Besonders gut kommt der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖR) in der Befragung weg: 78 und 74 Prozent der Befragten halten den Hörfunk und das Fernsehen öffentlich-rechtlicher Anbieter für glaubwürdig. Damit liegt der ÖR über dem Durchschnitt. Beunruhigend scheinen allerdings die 38 Prozent der Befragten, die davon überzeugt sind, dass Staat und Regierung aktiv vorgeben, worüber Medien berichten.
Das Vertrauen der Befragten in Soziale Medien wie Facebook, Twitter, YouTube und Instagram ist im Gegensatz zum Vertrauen in ÖR-Angebote gering und schwankt zwischen 6 und 11 Prozent. Allerdings ist dieses Ergebnis aus mehreren Gründen mit Vorsicht zu genießen. Befragt wurden zum einen nur Personen ab 18 Jahren. Bekanntermaßen gehören zu den Intensivnutzern der Netzwerke aber ja im Besonderen Personen, welche die Volljährigkeit noch nicht erreicht haben.
Zum anderen lassen sich Netzwerke wie Facebook nur schwer mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vergleichen. Das eine ist ein globales Netzwerk für beinahe jede Art von Inhalten, die von nahezu jedem produziert werden können – egal ob Laie oder Journalist. Das andere ist ein redaktionelles Angebot mit festen Strukturen und professionellen Inhalten. An dieser Stelle werden also Äpfel und Birnen in einen Medientopf geworfen. Der ÖR sollte sich also nicht zu sehr dafür auf die Schulter klopfen, für die Befragten glaubwürdiger als nur wenig moderierte Netzwerke ohne feste Redaktion zu sein.
Was aber bedeutet das eigentlich für Unternehmen und ihre externe Kommunikation? Zum einen, dass es auf jeden Fall sinnvoll ist, Kontakte zu öffentlich-rechtlichen Medien zu pflegen oder auszubauen. Und, dass Regionalität immer noch eine hohe Bedeutung für Mediennutzer hat. 37 Prozent der Befragten der Infratest-Studie gaben an, dass sie sich mehr regionale Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wünschen. Was vor ihrer eigenen Haustür passiert, interessiert die Menschen also auch in Zeiten globaler Vernetzung noch besonders. Wenn Unternehmen informieren, sollten sie also auch Standortkommunikation betreiben – selbst dann, wenn am Standort nichts abgebaut oder gefertigt wird, sondern ‚nur‘ neue Azubis eingestellt werden.
Insgesamt ergibt Pressearbeit auch 2020 noch Sinn, denn das Gesamtvertrauen in die Medien ist zwar gesunken, aber immer noch verhältnismäßig groß. Das heißt nicht, dass Unternehmen darauf verzichten sollten, Kontakte zu reinen Online-Medien zu pflegen oder dass sie ihre Social-Media-Kanäle einstampfen sollten. Die richtige Mischung macht’s, denn am Ende nutzen verschiedene Zielgruppen immer noch verschiedene Kanäle. Je nach soziodemografischem Hintergrund und Informationsanspruch suchen Zielgruppen sich die Kanäle, die zu ihren Bedürfnissen passen. Es bleibt also sinnvoll, weiterhin auf einen guten Mix aus sogenannten earned, owned und paid media zu setzen – und vielleicht auch mal den regionalen öffentlich-rechtlichen Radiosender anzusprechen.